Zeit des Lachens – Zeit der Buße

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Datum:
Mi. 1. Feb. 2023
Von:
Birgitta Theymann

Liebe Schwestern und Brüder,

der Februar teilt sich in der Regel in die Zeit des Lachens und in die Zeit der Buße, so auch in diesem Jahr.

Wer in eine Wortkonkordanz zur Bibel schaut, mag zunächst erschrecken ob des Umstandes, dass das Lachen in der Bibel ein überwiegend negatives Image trägt.

Da scheint sich jedes Vorurteil, auch gegenüber kirchlicher Verkündigung, zu bestätigen.

Aber immerhin konzediert der stärkste Kritiker des Lachens, Kohelet bzw. Prediger Salomo, es gebe eine „Zeit des Lachens (Koh 3,4).“ Und an wenigstens zwei weiteren Stellen, an denen JHWH als Geber des Lebens erfahren bzw. bekannt wird, ist ausdrücklich vom Lachen der jeweils betroffenen Personen die Rede.

Es ist zum einen Psalm 126, einer der Wallfahrtspsalmen, der im Übrigen analog zur Zeit des Lachens und der Buße zweigeteilt ist in eine Atmosphäre der Freude und einer solchen des Kummers, in dem das Volk Gottes schildert: „Als der Herr das Los der Gefangenschaft Zions wendete,…, da war unser Mund voll Lachen… (Ps 126, 1 f.)“ Es sei hier dahingestellt, ob die Tat Gottes bereits Faktum oder als künftige Heilsvision lebendig war. Jedenfalls ist das Handeln JHWHs, das eine Heilswende herbeiführt, im Alten Testament immer Anlass zu Jubel und Dankbarkeit. Perspektiven des Heils verleihen Mut und Stärke. Das Volk Israel ist in seiner Geschichte mit Gott wahrlich durch dunkle Phasen gegangen. Von diesen Phasen spricht der zweite Teil des Psalms 126. Da scheint das Schicksal der Gefangenschaft noch spürbar, da fließen Tränen bei der Aussaat, da versiegt das lebensnotwendige Wasser. Dennoch ist das Volk nie ganz ohne Heilsperspektive geblieben, da es immer Zeichen der Anwaltschaft seines Gottes für das Leben erfahren hat.

Diese große Anwaltschaft für das Leben zeigte sich dabei schon im Berufungsgeschehen von Abraham und Sara, die ja zu Stammeltern des Volkes von Gott bestimmt waren. Beide waren schon alt und sollten doch noch neues Leben weitergeben. Als JHWH ihnen das offenbart, lachen beide: „Da fiel Abraham auf sein Gesicht nieder und lachte (Gen 17, 17).“ Und „Sara lachte daher still in sich hinein…(Gen 18, 12).“ Sara leugnete zunächst ihr Lachen, widersprach dann aber der Bestätigung des Herrn nicht mehr (Gen 18, 15). Das Lachen der Sara galt ursprünglich als Begründung des sog. „Osterlachens“, eines liturgischen Brauchs, der vom ausgehenden Mittelalter bis hinein in das 18. Jahrhundert üblich war. In den Osterpredigten oder auch szenischen Darstellungen wurden schwankhafte Passagen eingefügt, um die Gläubigen, wie eben im o. a. Psalm bzw. am Beispiel Abrahams und Saras geschildert, affektiv zum Ausdruck der Freude über Sieg des Lebens Christi über den Tod zu animieren. Am Ende der Zeit der Buße stand also wieder das Lachen. Leider geriet der Brauch durch strenge Reformatoren und Aufklärer in Verruf und wurde abgeschafft.

 

Für uns Christen sind die beiden zentralen Heilstaten Gottes in seiner Eigenschaft als „Freund des Lebens (Weish 11, 26)“ die Sendung und die Auferweckung seines Sohnes. Sie rahmen quasi die Zeit der Buße und lassen uns lachen.

Meisterhaft werden wir dazu aufgerufen durch die Musik von Johann Sebastian Bach. Eine seiner Weihnachtskantaten lässt er mit dem Zitat aus Psalm 126 beginnen, vorgetragen von kunstvollem Chor und üppigster Orchesterbegleitung: „Unser Mund sei voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens. Denn der HERR hat Großes an uns getan (BWV 110).“

Und zu Ostern lässt in gleicher Weise erklingen: „Der Himmel lacht! Die Erde jubilieret (BWV 31)“ sowie in seinem Osteroratorium (BWV 249) „Lachen und Scherzen begleitet die Herzen. Denn unser Heil ist auferweckt.“

Wenn auch vielleicht nicht durch „Ostermärlein“ in den Predigten ausgelöst, kann am Ende der Zeit der Buße doch das Lachen stehen – durch die Musik geschenkt und durch die Bibel legitimiert.

Pfr. Dr. Roland Scheulen